Platja de Palma, Mallorca.
Auf meinem Weg von meinem Appartement bis zum Arbeitsplatz auf Mallorca passiere ich mit meinem Fahrrad die Ballenarios eins bis elf. Der sechste, „Ballermann 6“ ist berühmt wie berüchtigt und verpasst der Insel immer noch einen großen Teil seines Images. Hier wie an den Strandabschnitten kurz davor und danach hängen neon-pinke, -gelbe und -grüne Achselshirts in den Auslagen der Mini-Geschäfte; und nach dem Einkauf von Sangria, San Miguel oder sonstigen Getränken auch an den gebräunten Leibern der Touristen. Männlein wie Weiblein tragen diesen Look mit gedruckten Statements drauf, wie „Was auf Malle passiert bleibt auch hier“ oder mit Zitaten aus hier angesagten Liedern („Scheiß‘ drauf! Malle ist nur einmal im Jahr“). Statements, die dem Gegenüber schon am Strand oder auf der Promenade die Einstellung im Jahresurlaub vermitteln und den Einstieg für was auch immer erleichtern sollen.
Natürlich gibt es auch die Gegenbewegung. Natürlich kommen mir auch Paare entgegen, die weiße Achselshirts tragen. „I love my Boyfriend“, trägt sie, „I love my Girlfriend“ er. Sie signalisieren:
Ich mache Party, aber mit meinem Partner. Wir gehören dazu, aber irgendwie auch nicht.
S(ch)ichtwechsel
Unabhängig davon, wer welches Shirt trägt, in welcher Farbe und mit welchem Statement: Während die einen feiern, bis der Morgen kommt und am Morgen von der Bar-Animateurin so begrüßt werden: „Na Jungs, macht ihr bei uns ein Päuschen und trinkt euer erstes Konterbier?“, fahren die anderen zur Arbeit.
Wie zum Beispiel an dem Hotel am Ballenario 11, in dem ich das Team als Freelancerin vier Wochen lang mit meinem Fitnessprogramm unterstütze - einmal im Jahr für vier Wochen. Meine direkte
Vorgesetzte heißt Anette. Ihr Spitzname „Nette“ ist Programm und belegt ihre Berufung als Animateurin. Nach Stationen als Kinderanimateurin und Teamleiterin der Animation verantwortet sie
mittlerweile das Programm im Hotel. 400 Gäste wollen und sollen täglich unterhalten werden. Als direkte Abgesandte des Veranstalters koordiniert sie also die Pläne mit der Hoteldirektion und der
Restaurantleitung, gestaltet das Wochenprogramm für die Gäste, begrüßt sie vor dem Abendessen und macht - ob des kleinen Teams und der Leidenschaft - viele Animationen selbst. Sie springt also in
den Pool und macht Aqua-Gymnastik, übersetzt den spanischen Koch, der auf der Bühne Paella zubereitet, und animiert die Gäste bei der Mallorca-Party dazu, zu tanzen. Dann steht sie natürlich in
spanischer Tracht auf der Bühne, tanzt selbst, ermuntert die Gäste, strahlt, wenn es ihr gelingt, sie zum Tanzen zu ermuntern. Sie lebt seit zehn Jahren auf der Insel. Sie lebt dafür, dass sich
die Gäste wohl fühlen und wieder kommen. Und sie lebt davon.
Leben fuer den Beruf
Auch Barchef Georgi lebt von der Zufriedenheit der Gäste. Er arbeitet in einem sechsköpfigen Team. Jeder von ihnen gibt am Tag ca. 1200 Getränke heraus. Er lebt seit sieben Jahren auf der Insel und er liebt seine Arbeit, mixt Cocktails, zapft Colas, schreibt Einsatzpläne, hört sich Beschwerden an und lebt wie Anette von seinem Beruf.
Beide arbeiten oft bis in die späte Nacht. Beide arbeiten nicht in ihrem Heimatland: Anette kommt aus Deutschland, Georgi aus Bulgarien. Sie leben da, wo ihr Raum für Arbeit ist. Beide verstehen sie als Dreh- und Angelpunkt ihres Lebens. Und für die beiden ist Malle eines: immer im Jahr.